Oct
7
2008

Ben Becker liest Jim Morrison

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Auch 37 Jahre nach seinem Tod lohnt es sich noch, Jim Morrisons Geschichte zu erzählen. Mit „City Of Light – Die letzten Tage von Jim Morrison“ (3 CDs, Deutsche Grammophon, 23.95 Euro) erscheint nun eine Hörversion des 2007 erschienenen Romans des Amerikaners Philip Steele, der sich titelgerecht auf Morrisons letzte Lebensphase in Paris konzentriert. Dort, wo Steele den Doors-Sänger seinerzeit auch kennenlernte. Die Wahl von Ben Becker als Stimme Jim Morrisons befriedigt alle damit einhergehenden, geweckten Hoffnungen. Der derzeit als Bibel-Vorleser reüssierende Schauspieler zieht den Hörer mit mal leidenschaftlichen, mal schroffen, sinnlichen, oder auch berauschten Stimmfärbungen routiniert in seinen Bann. Flucht in die Anonymität Die Story beginnt mit der Ankunft Morrisons und seiner Freundin Pamela Courson Anfang 1971 in Paris. Kurz nach Fertigstellung des Doors-Albums „L.A. Woman“ sehnt sich der Sänger nach Anonymität und hofft, in Frankreichs Hauptstadt seine Depressionen und die damit einhergehenden Schreibblockaden loszuwerden. Die Stärke des Hörbuchs ist die Leistung des Sprechers: Becker ist stets nah am Hörer, etwa wenn er das neurotische Verhältnis zwischen dem leicht aufgedunsenen Morrison, der den Namen Jim Douglas ans Klingelschild seines Appartments klebt, und seiner stets drogen- und affärenaffinen Freundin beschreibt. Störende Zwischentöne Ein wenig störend mag man allenfalls die zur Auflockerung gedachten musikalischen Zwischentöne empfinden. Das Gebot der Chronologie erlaubte hier freilich keine Doors-Melodie, trotzdem wäre es angemessen gewesen, etwas zu finden, das nicht klingt wie der Abspann eines zweitklassigen 80er Jahre-TV-Krimis. Whiskey, Mystics And Men Dem Hörvergnügen tut dies keinen Abbruch. Becker führt uns in die Cafés des linken Seine-Ufers, zu den Treffpunkten der Existenzialisten und in die Bars der Impressionisten. Trotz gewisser Längen hält die Romanvorlage einige Schauermomente bereit. Etwa wenn Morrison eines Abends eine junge amerikanische Band kennen lernt, deren Eifer und Tatendrang ihn schmerzhaft an seine eigene Vergangenheit erinnert. Oder wie er Pamela gegenüber eher achtlos erklärt, dass er das dritte „J“ sein wird, das zu Grunde gehen wird, nach Jim und Janis. Wankelmütiger Bohemian Steeles Vorlage beschreibt Morrison in seinem letzten Lebensabschnitt explizit als wankelmütigen Bohemian, der sich einerseits sehr wohl bewusst ist, dass seine Musikerkarriere an einem Ende angelangt ist, dem es andererseits aber nicht gelingt, eine neue Dichter-Existenz abseits der Verlockungen des Kokains aufzubauen. Der millionenfach blühenden Fan-Fantasien hinter dem Mythos Morrison verleiht „City Of Light“ damit ein weiteres Paar Flügel. Auf sehr angenehme und subtile Art und Weise.