Aug
12
2005

Mit Biedermann gegen rechts

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Seit Jahren ist bekannt, dass rechtsextreme Kameradschaften und Parteien Deutschlands Osten als Rekrutierungsfeld nutzen. Kampagnen wie die Verteilung kostenloser Musik-CDs mit rechtem Inhalt zielen unmittelbar auf jugendliche Erstwähler. Sie sollen für den ‚nationalen Gedanken‘ gewonnen werden und bei NPD und DVU ihr Kreuz setzen. Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl setzen Politik und Prominente auf eine ähnliche Propagandataktik: Die CD „Gemeinsam gegen Rechts“ möchte Jugendliche in den NPD-Hochburgen für die Gefahren des Rechtsextremismus sensibilisieren. Wenn Eltern und Schule in ihrer Erziehungsaufgabe versagen, taugt dieser Missstand einige Zeit als Sensationsmeldung für die Presse. Wenig später verengt sich der Medienfokus aber wieder. Was bleibt, ist Raum für gelegentliche Aufmerksamkeitsspots, der von Schauspielern, Volksrepräsentanten und Musikern regelmäßig zum Sprung ins Rampenlicht genutzt wird: Für konzertierte kurze Ereignisse, Aktionen, die in ihrer Wirkung extrem flüchtig sind. An den Verhältnissen der Realität ändert das zumeist nicht wirklich etwas, dienen diese Kampagnen doch vor allem dem Imagegewinn und der Gewissensberuhigung der jeweiligen öffentlichen Person. So manches Mal darf man wohl auch einfach einen Hang zur Naivität unterstellen. Während also das Land Sachsen munter das Budget des Programms zur Bekämpfung des Rechtsextremismus kürzt, stellt Bundeskanzler Gerhard Schröder am 19. August „Gemeinsam gegen Rechts“ vor. Mit dabei an der aktionistischen Medienfront: Smudo von den Fantastischen Vier und Keimzeit-Frontmann Norbert Leisegang, unterstützt von diversen Plattenfirmen und der SPD. Auch 2Raumwohnung, Max Herre und die Sportfreunde Stiller haben Songs zum Sampler beigesteuert. Die Gratis-CD zielt neben der Aufklärung darauf, die Hörer zu motivieren, zur Wahl zu gehen. Ausschließlich in Brandenburg plant der Verein „Brandenburg gegen Rechts“ ebenfalls die Verteilung einer CD. Auf „Hörbar tolerant“ finden sich Stücke von Rosenstolz, Silbermond und Jeanette Biedermann – allesamt nicht unbedingt Musiker, die sich durch besondere politische Anteilnahme qualifiziert hätten. 20.000 Pakete sollen an dortigen Schulen verteilt werden. Nach der Wahl fällt dann voraussichtlich wieder der Schleier des Schweigens über die Lage im Osten.