Sep
22
2002

Einsame Rufer in der Wüste

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In der überwiegend unpolitischen Musikszene Amerikas ist der New Yorker Remix-Star Moby mit seinem Engagement zum Beispiel für Tierschutz schon eine Ausnahme. Nun musste der Arme von seinem Balkon in Südmanhattan das Schauerstück mit ansehen und hatte Tage lang übel riechenden Rauch in der Nase, was ihn natürlich mächtig gebeutelt hat. Hin gab er samt wüster Beschimpfung FBI und CIA die Hauptschuld am Desaster, her entschuldigte er sich Tags darauf in einer Hymne der „Bewunderung“ für die Spione. Gut gemeint auch seine Rede zur Außenpolitik. Man solle statt Bomben Flugblätter abwerfen, die bin Laden u.a. beim Sex mit Prostituierten zeigen (Fotomontage!) und so sein Ansehen bei den keuschen islamischen Gottesschülern diskreditieren. Im Angesicht des Desasters glaubt Moby, die Hinterleute seien fanatische, keinem rationalen Argument zugängliche Irre, die bedingungslos glauben, was aus US-Flugzeugen auf sie nieder regnet. Der Mann ist durch die Nähe zum Geschehen entschuldigt, aber auch die meisten anderen großen Stars zeigen menschliches Maß. Wie der sonst nicht auf den Mund gefallene R.E.M.-Sänger Michael Stipe geben sie schockiert Mitgefühl und Trauer kund. Muss man das sagen? Michael Jackson vorzuwerfen, er suche im Benefit seine letzte Chance, ist sicher Unsinn, das hat der nicht nötig. Eher schon könnte bei Britney Spears langsam der Verdacht aufkommen, sie habe ihre Promo-Tour nicht unterbrochen sondern nur ins Zentrum des Geschehens verlegt. Zumindest wenn sie weiter täglich in Pressemeldungen ihre eigene Wohltätigkeit überbietet. Ihr Vorbild Madonna allein hat sich bisher zu möglichen Ursachen geäußert. Daran erinnert, dass Gewalt immer Gegengewalt erzeugt, dass die grausame Entschlossenheit der Attentäter nicht aus dem Nichts kommen kann. Umverteilung schafft Frieden! Helft den Palästinensern! Immerhin zwei US-Bands engagieren sich wenigstens innenpolitisch. Sytem Of A Down Sänger Serj Tankian erinnert an die liberale Tradition des Landes, die verfolgten Minderheiten oft geholfen hat. Vor über 80 Jahren war sein Großvater vor den armenischen Kriegen nach Amerika geflohen. Deutlicher wurde Limp Bizkits Wes Borland auf der Band-Homepage. Er verurteilt die Hetzjagd auf Menschen orientalischen Aussehens, die schon mehrere US-Bürger das Leben gekostet hat. Eindringlich fordert der einsame Rufer: „Denkt bevor ihr handelt! Seid keine Rassisten!“